Gestaltung einer öffentlichen Ausstellung in der Salvatorgasse.
Hall in Tirol, 2014
Die Salvatorgasse in Hall hat neue Türen und Fenster. Sie stehen zwischen den alten Hauseingängen und Schaufenstern, unauffällig wie die neuen BewohnerInnen der Stadt. Hinter den Türen und Fenstern können jedoch ihre Geschichten entdeckt werden.
Stadt ist Migration. Schon immer. Ohne Migration ist Stadt nicht denkbar. Stadt ist, wer gerade da ist. Aber nicht immer ist dies sichtbar. Viele werden geradezu unsichtbar gemacht. Der Blick auf Geschichte ändert sich ständig. Er ist nie neutral oder objektiv. Häufig dient er dazu, Identitäten zu schaffen – und grenzt dabei gleichzeitig aus: die so genannten „Anderen“ und „Fremden“, die angeblich nicht dazu gehören.
Wir suchen die Spuren derer, die angeblich „anders“ und „fremd“, aber alltäglich Teil dieser Stadt sind. Wir wollen damit einen anderen Blick auf die Geschichte Halls werfen, neue Geschichten erzählen, die bisher noch nicht erzählt worden sind. SchülerInnen von drei Schulen in Hall und Rum, WissenschaftlerInnen der Universität Innsbruck und lokale Kooperationspartner haben gemeinsam ver- sucht, diese Geschichten ans Licht zu bringen.
Leerstellen und Lücken bleiben. Die Suche endet oft in Sackgassen. Auch das ist ein Teil der Geschichte. Klar ist, dass diese Geschichte die Grenzen der Stadt ebenso über- schreitet wie die Grenzen Tirols, Österreichs und Europas. Erst die Unterstützung von ZeitzeugInnen macht die Geschichte der Migration in Hall erzählbar. Ihre Erfahrungen und Erinnerungen sind eine wesentliche Grundlage für die Ausstellung.
Die Salvatorgasse ist selbst Teil der Geschichte. Hinter Türen und Fenstern können Spuren und Geschichten entdeckt werden. Es eröffnen sich damit ständig neue Perspektiven auf die Geschichte Halls. Auch der temporäre Ausstellungsraum hat eine historische Bedeutung. Er beherbergte seit 1984 einen muslimischen Gebetsraum.
Ante Blatančić etwa erzählt über seine Ungewissheit während der Jugoslawienkriege und Neslihan Yüksel erinnert sich, wie sie mit Hilfe eines Wörterbuches das Leben ihrer Mutter retten konnte. Die Erfahrungen und Erinnerungen der ZeitzeugInnen machen die Geschichte der Migration in Hall erzählbar. Unsichtbare Geschichten von Menschen, die gekommen und geblieben sind, die angeblich „anders“ und „fremd“, aber alltäglicher Teil dieser Stadt sind. Die Fassaden der Stadt tragen diesen Alltag, machen ihn für alle sichtbar und zugänglich. Man muss nur neugierig sein und Türen öffnen oder hinter Fensterläden spähen. Dahinter begegnet man lebensgroß und nah den erzählenden ZeitzeugInnen.
Die Türen und Fenster eröffnen nicht nur einen Blick auf die Vergangenheit, sondern auch und neue Perspektiven auf die Geschichte Halls.